1Borne

Hermann Silckenstädt

Geschichte der Flämingdörfer Borne und Bergholz

geschrieben 1913
nachgedruckt 1998

Vorwort

Es war beim Festessen der Borner Kirchweihe anno 1909, als der bereits verstorbene Herr Superintendent Meyer in seiner Tischrede mich aufforderte, die Geschichte meiner beiden Gemeinden Borne und Bergholz zu schreiben. Ich habe es ihm damals versprochen, und seinem Andenken soll dieses Buch gewidmet sein. Möge es dazu beitragen, die Liebe zur Heimat zu stärken!
Borne, Pfingsten 1913
Der Verfasser

Zum Inhalt

Seite Die ältesten Nachrichten über Borne und Bergholz
Von den Kriegsnöten der älteren Zeit
Aus dem Zeitalter der Reformation
Nachrichten aus dem alten Erbbuch des Belziger Amtsgerichts von 1550
Das Hospital in Sandberg unter Verwaltung des Borner Pfarrers
Der erste Borner Pfarrer nach dem Dreißigjährigen Kriege
Die Pfarrsubstituts-Wohnung
Die Küsterfamilie Glato um die Zeit des Siebenjährigen Krieges
Der Brand des Pfarrhauses
Aus der Franzosenzeit
Die Separation in Bergholz
Die Separation in Borne
Die Ablösung des Naturalfrucht- und Fleischzehnts
Das Revolutionsjahr 1848
Die beiden Inventarienkühe
Die Kriegsjahre 1848, 1864, 1866 und 1870/71
Die Pfarrer des vorigen Jahrhunderts
Die Lehrer des vorigen Jahrhunderts
Allerlei Sitten

Die ältesten Nachrichten über Borne und Bergholz

Als im 12. Jahrhundert Albrecht der Bär, Graf zu Anhalt und Markgraf zu Brandenburg, das Havelland in Besitz genommen hatte, brachte er darin das Deutschtum und das Christentum zum völligen Siege. Nun zogen es viele von den hier wohnenden heidnischen Wenden vor, lieber von Haus und Hof zu weichen, als sich der neuen Herrschaft zu fügen. So wurden ganze Landstriche von Bewohnern entblößt; andre lagen noch von altersher infolge der vielen Kriege wüste. In die entvölkerten Gegenden rief Albrecht der Bär deutsche Bauern aus Holland und Flamland, die dort durch Überschwemmungen ihr Eigentum eingebüßt hatten. Der sandige Bergrücken zwischen Wittenberg und Belzig führt von den hier angesiedelten Flamländern noch heute den Namen "Fläming". Bald entstand eine Menge deutscher Städte und Dörfer im Lande. Von den Flamländern sind auch die Dörfer Borne und Bergholz gegründet worden. Beide Namen sind unzweifelhaft deutschen Ursprungs. Borne ist dasselbe wie Brunnen. Auf dem wasserarmen Höhenzug fand man hier ergiebige Quellen, die für gewöhnlich ziemlich gutes Trinkwasser in ausreichender Menge lieferten. Empfindlicher Mangel an Wasser entstand nur in trockenen Sommern, wenn der Dorfteich versiegte. Dann mußte alles Wasser zum Tränken des Viehs aus Belzig herangefahren werden. Bergholz hieß ursprünglich Birkholz, wahrscheinlich nach einem, früher dort vorhandenen Birkenhölzchen. Die Schreibart Birkholz hat sich bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts erhalten. Genau so schrieb sich bis um dieselbe Zeit die in Bergholz ansässige Familie Bergholz. Doch besteht dieser Familienname nicht solange wie das Dorf. Eine auf dem Amtsgericht in Belzig gefundene Personenstandsliste vom Jahre 1550 weist nach, daß der Familienname Bergholz (Birkholz) damals noch nicht im Dorfe vorkam. In beiden Dörfern sind die alten Hofstellen in zwei geraden Längsreihen angelegt, die in weitem Abstand voneinander die Dorfaue einschlossen. Rings um jedes Dorf ging eine steinerne Mauer und auch wohl eine lebende Hecke, und jedem der Bewohner war bei räuberischen Überfällen das hinter seiner Hofstelle liegende Stück der Umgrenzungsmauer zur Bewachung überwiesen. Mit der Zeit sind die Häuserfronten weiter vorgerückt, so daß die Dorfauen schmaler geworden sind und die Kirchen ein ziemliches Stück hinter der jetzigen Häuserreihe zurückliegen. Die Grafschaft Belzig kam später unter die Herrschaft des Askaniers Bernhard, Herzogs von Sachsen, des jüngsten Sohnes von Albrecht dem Bären. Bernhards Sohn Albrecht I. gab sie dem Grafen Bederich zu Lehen. Da dieser noch viel mit dem zähen Heidentum zu kämpfen hatte, schenkte er dem deutschen Ritterorden am 11. September 1227 eine Kommende in Dahnsdorf, die mit dem gräflichen Patronatsrechte versehene Kirche und 15 Hufen Landes. Dahnsdorf wurde der Sitz eines Komturs. Die wackeren Ritter halfen dem Grafen die Wenden vollends für das Christentum gewinnen. Damals schon waren Borne und Bergholz eine Parochie; denn bereits in der Dahnsdorfer Urkunde von 1236 kommt ein Priester Evernich de Borna als Zeuge des Grafen Bederich vor. Ferner findet sich von der Kirche zu Borne unter des Klosters Kolbig Dokumenten ein Diplom aus dem Jahre 1227, kraft dessen diese Kirche und nachgehends auch ihre Tochterkirche Bergholz (1257) vom Kurfürst Albrecht I. besagtem Kloster zugeeignet ist. Diese Schenkung ist zwar von Graf Bederich zu Belzig angefangen, von gedachtem Kurfürsten aber 1227 vollzogen und von Rudolf I. im Jahre 1337 zu dem Ende bestätigt worden. damit in genanntem Kloster alle Tage für ihre und ihrer Vorfahren, auch Nachkommen Seelen soll Messe gehalten werden. Dazu mußte sich der Abt des Klosters, Konrad, verpflichten, dem damaligen Priester zu Borne, Johann von Wolkow, eine jährliche Rente von 2 Mark Silber (nach heutigem Gelde etwa 90 M), zu geben. Nach seinem Tode sollte auch diese Summe an das Kloster zurückfallen. Wolkow war ehemals ein Dorf, zwischen Bergholz und Rädigke gelegen. Die Fundamente der Kirche waren noch bis vor kurzem deutlich zu erkennen. Offenbar hat damals der Priester Johann von Wolkow die Parochie Borne mitverwaltet. Dem Kloster Kolbig, welches an der Wipper nahe bei Bernburg lag, waren die Kirchen von Borne und Bergholz bis zum Jahre 1389 zu eigen. Alsdann wurden Borne und Bergholz ein Lehen des Frauenklosters zu Zerbst, und zwar durch einen Tausch, indem das Kloster Kolbig dafür die Kirche zu Plötzkau erhielt. Dem Frauenkloster in Zerbst haben Borne und Bergholz noch zur Zeit der Reformation angehört. Darauf wurde das Kloster zu Zerbst säkularisiert, und die Kirchen zu Borne und Bergholz kamen unter das Patronat des Kurfürsten von Sachsen. Nach zwei alten Urkunden von 1237 und 1389 ist die Kirche zu Borne dem heiligen Pankratius geweiht, der nach der Sage als vierzehnjähriger Knabe in der Diokletianischen Christenverfolgung enthauptet worden ist. Als vor kurzem (1909) die Kirche zu Borne einer gründlichen Erneuerung unterzogen wurde, hat man auch den Altar untersucht. Da fand man oben auf dem Altar, der aus Feldsteinen zusammengebaut ist, einen Mühlstein und in dessen Höhlung eine kleine zierliche hölzerne Base, die ein Knochenstück enthielt: die Reliquie des heiligen Pankratius. Da dieses alte wertvolle Andenken an der Luft zu verfallen drohte, so ist es bald darauf hinter dem Altar, an einer auf den ersten Blick erkenntlichen Stelle, eingemauert. Der oben mehrfach erwähnte Graf Bederich zu Belzig starb im Jahre 1240 ohne männliche Erben. Darum fiel dieses Lehen wieder an Kursachsen zurück. Der Bruder des Grafen Bederich, Graf Moritz, soll bei Mörz die Moritzburg erbaut haben. Seiner Gemahlin Leibgedinge soll Dahnsdorf gewesen sein, welches daher ager Danis heiße. Ehemals waren die Dörfer Eigentum des Landesherrn, über die er frei verfügen konnte. Viele von den Dörfern wurden den Rittern zu Lehen gegeben, wodurch die Rittergüter entstanden. Die meisten aber blieben Amtsdörfer, das heißt, sie blieben Eigentum des Landesherrn. Daraus erwuchs dem Landesherrn auch das Recht, die Kirchen von Borne und Bergholz an das Kloster Kolbig zu verschenken, so daß der Nießbrauch der Kirchengüter dem Kloster zustand.