Brueck

Kurt Zoglowek

Beiträge zur Chronik der Stadt Brück

1. Band Gesammelt in den Jahren 1952 - 1962

Zum Geleit

"Als unsere Vorfahren, die alten Vlamen, ins Land kamen und dich bauten, lebtest du, allen Stürmen zum Trotz, die über dich hinklangen, mit ewig frischen und braunen Wangen, einfach und still und ohne Verlangen in seliger Dornröschen-Ruh, lebtest, von der Welt vergessen, ohne Prunk und Pracht, nur dein Plänchen hielt märchenplätschernd mit seinem Kanälchen die Wacht, und die Holzen der marktenden Bauern klappern fröhlich, heute wie immer, und die große Ebene schwingt heute wie ehdem im Morgenschimmer !"
Arthur Jaenicke, Treuenbrietzen
Was mich bei meiner Arbeit bewegte, läßt sich am besten mit den Worten von Matthias Claudius sagen: "Ich entschuldige mich über mein Werk nicht. Ich bin kein Gelehrter und habe mich nie für etwas ausgegeben. Ich habe nichts Großes bringen wollen, sondern nur etwas Kleines. Das aber habe ich nach meinem besten Gewissen getan."
Kurt Zoglowek 1962

Inhaltsverzeichnis

I. Entstehen und Werden; aus der ältesten Zeit
1. Zur Geologie der Brücker Feldmark
2. Die Entstehung der ersten Siedlung
3. Der Name der Stadt
4. Der Name unserer Kirche
5. Die niederländischen Sprachreste in unserer Umgangssprache
II. Brück wird Stadt
1. Das Marktrecht
2. Die Stadtgründung
3. Die Burg
4. Die Stadtflur
5. Der Schulze
6. Die Befestigungen der Stadt
a. Die Gräben
b. Das Plänchen und der Stadtgraben
c. Die Tore
7. Die öffentlichen Gebäude
a. Das Rathaus
b. Die anderen öffentlichen Gebäude
8. Das Richteramt
9. Das Stadtwappen
10. Von Gilden und Gewerken
11. Die Bürger und der Bürgereid
12. Vom Kriegsdienst der Bürger
III. Brück als Grenzstadt im alten Amt Belzig - Von der Stadtwerdung bis zum Jahre 1815
A. Nachrichten aus dem 14. und 15. Jahrhundert 1. Die Entwicklung des Amtes Belzig 2. Die kursächsische Grenze bei Brück 3. Mittelalterliche Heer- und Handelsstraßen im Amte Belzig 4. Grenzstreitigkeiten und Überfälle 5. Abgaben und Steuern 6. Die Bevölkerung
B. Brück im 16. und 17. Jahrhundert
1. Die Verwaltung der Stadt, ihre Bevölkerung und Beschäftigung 2. Von Steuern, Abgaben und Diensten 3. Über die Holzfreiheit der Brücker Bürger 4. Die erste Zeichnung von Brück 1626 5. Brück erhebt einen Dammzoll 6. Besondere Ereignisse aus diesen Jahrhunderten a. Die Wühlmühle b. Die Wind- und Wassermühle c. Die Baderei d. Kurfürstin Elisabeth auf der Flucht e. Kohlhase plündert die Mühle in Gömnigk f. Auf dem Ostermarkt 1675
C. Brück im 18. und 19. Jahrhundert
1. Die Entwicklung unserer Stadt a. Die Bevölkerung und das Gebiet der Stadt b. Die öffentlichen Gebäude 1. Das Belziger Tor 2. Das Kommunehirtenhaus 3. Das Ratsdienerhaus 4. Das Kommune-Malz- und Darrhaus 5. Die ersten beiden Gasthöfe 6. Ratskeller und Schützenhaus c. Die Verwaltung der Stadt 1. Der Rat der Stadt 2. Ein Gutachten des Amtes 3. Die Magistratschronik 2. Das Post- und Verkehrswesen a. Die Entwicklung des Reiseverkehrs b. Die kursächsischen Meilensäulen c. Die Brücker Postsäule 3. Reiseerinnerungen 4. Die ersten Landkarten des Amtes 5. Besondere Ereignisse a. Unruhige Zeiten b. Die Deserteurfalle von Kanin c. Erbschaftsregelung im Amte Belzig um 1700 d. Der Kopf amtlicher Verfügungen e. Vom Gelde und besonderen Abgaben f. Eine Fürstenhuldigung in Belzig 1733
IV. Das Dorf Rottstock als Ortsteil von Brück
1. Die geologischen Verhältnisse der Feldmark 2. Die Gründung Rottstocks und sein Name 3. Nachrichten aus späterer Zeit
V. Gregor Heinse als Dr. Gegor Brück
1. Die Familie des Bürgermeisters Heinse 2. Lebensschicksale und Bedeutung Gregor Brücks 3. Dr. Brück auf dem Reichstag zu Augsburg 4. Georg Heinse, der Ahnherr Goethes 5. Die Schicksale des Kanzlers Dr. Christian Brück 6. Persönliches aus dem Leben des Reformationskanzlers 7. Das Wappen des Kanzlers Dr. Brück 8. Das Grabmal des Kanzlers in Jena 9. Bekannte Bilder, seine Nachkommen und Bibliographie
VI. Not und Seuchen, Kriegswirren und Brände in unserer Stadt
1. Im 13. und 14. Jahrhundert 2. Im 15. und 16. Jahrhundert 3. Der Untergang Brücks im Jahre 1636 4. Die Zeit des Nordischen und Siebenjährigen Krieges 5. Der große Brand von 1764 6. Die Jahre der Fremdherrschaft 7. Der Brand von 1843 8. Die Feuerbekämpfung in alter Zeit und die Sage vom Feuerreiter
VII. Brück im Spiegel statistischer Ergebnisse
1. Die Bevölkerung 2. Die Wohnhäuser der Stadt 3. Die in der Stadt im 18. und 19. Jahrhundert vorkommenden Berufe 4. Das Stadtgebiet 5. Die Flurnamen a. Flurnamen Brücks b. Rottstocker Flurnamen c. Erklärungen dieser Flurnamen
VIII. Die Stadtverwaltung
1. Die Verwaltung der Stadt im allgemeinen 2. Die ältesten Ratsordnungen 3. Die Bürgermeister unserer Stadt a. Die Brücker Bürgermeister b. Die Bürgermeister von Rottstock
I. Entstehen und Werden
Aus den ältesten Zeiten der Stadt

1. Zur Geologie der Brücker Feldmark

Wenn wir heute über unsere Feldmark gehen oder durch die benachbarten Wälder streifen, fallen uns die vielen größeren und kleineren Steine auf, die hier herumliegen. Vor vielen Hunderten von Jahren fand man hier noch viel mehr solcher Gesteinstrümmer, denn um solche handelt es sich. Im Laufe der Zeit hat der Mensch die Äcker von diesen Steinen befreit und aus ihnen die Grundmauern der Häuser und Kirchen und die Straßen gebaut. Das sind die Findlinge oder erratischen Blöcke. Woher stammen diese und wer hat sie hierhergebracht ? Vor vielen Hunderttausenden von Jahren trat für einen großen Teil der Erde eine bedeutende Abkühlung ein. Die Gelehrten zerbrechen sich noch heute den Kopf über den Grund dieses Klimasturzes und sind sich bisher noch nicht einig geworden. Die Ursache der Eiszeit ist uns unbekannt. Gewaltige Schneemassen fielen auf die Erde nieder. Die nördlich von uns gelegenen Gebirgsländer Schweden, Norwegen und Finnland wurden mit bedeutenden Eisbergen bedeckt, die durch den Schneedruck entstanden waren. Das Eis glitt von den Abhängen dieser Gebirge herab, strebte nach Süden und Westen, schob sich über die Ostsee, füllte sie aus und drang bis in unsere Gegend vor. Ganz Norddeutschland bis zu den Mittelgebirgen, teilweise bis zu den Alpen, war etwa 2000 Meter hoch mit Eis bedeckt. Alles pflanzliche und tierische Leben war vernichtet. (1) Durch die Kälte und den Druck des Eises wurden Teile der Gebirge in Schweden und Norwegen zertrümmert. Große und kleine Felsblöcke lösten sich von dem Gestein, wurden vom Eise eingeschlossen und wanderten mit ihm nach Westen und Süden. Sie wurden auf ihrer Wanderung mannigfach zertrümmert und zum großen Teil fein zerrieben. Die größeren, erhalten gebliebenen Steine sanken auf den Boden und wurden oft an ihrer Oberfläche poliert und mannigfach geschrammt. Das sind die Feldsteine oder Findlinge, die ohne Ordnung im fein zerriebenen Gestein liegen. Diese Schicht ist der bläulich-graue untere Geschiebemergel. Er bedeckt etwa 50 - 100 Meter hoch das Urgestein. Unsere Feldsteine stammen aus den nördlichen Gebirgsländern und wurden durch das Eis hierher transportiert. Ebenso allmählich, wie das Eis gekommen war, schmolz es in Jahrtausende langen Zeiträumen wieder ab. Langsam drang der Boden wieder zutage und wurde für Pflanzen und Tiere frei. Ein zweites und drittes Mal wurde unsere Gegend mit Eis überzogen. Diesmal aber rückte es nicht mehr so weit nach Süden vor, es war auch nicht mehr so mächtig. Auch diese Eiszeiten schoben Gestein herbei und zerrieben es. Dadurch entstand der obere Geschiebemergel, welcher sich von dem unteren dadurch unterscheidet, daß er weniger und kleinere Geschiebe enthält und gelblich-grau gefärbt ist. In Norddeutschland haben die Geologen drei Vereisungen nachgewiesen, die Elster-, Saale- und Weichseleiszeit. Diese Namen geben die südlichsten Gegenden an, die das Eis erreichte. Die dazwischen liegenden Zeiten mit wärmerer Temperatur nennt man Interglazialzeiten, die zusammen eine Dauer von etwa 100.000 - 200.000 Jahren hatten. Die Gesamtheit des Eiszeitalters berechnet man mit etwa 1 Million Jahren. Die Gletscher der letzten Vereisung reichten in unserer engeren Heimat bis etwa Trebbin, Beelitz und Brandenburg. Der Rückgang des Eises erfolgte nun nicht gleichmäßig. Klimaschwankungen entsprechend kam es zu gelegentlichem Stillstand und erneutem Vorstoß. Durch die Stillstandslagen wurden Gesteins- und Sandmassen angehäuft. Diese Anhäufungen bezeichnet man als Moränen. In solchen Stillstandszeiten überwog die zerstörende Kraft des Schmelzwassers; ein Vorstoß der Eismassen schob das lose Material zusammen. Auf diese Weise ist der Fläming entstanden, der als eine Endmoräne anzusehen ist, oder wie man heute besser sagt: Stau- oder Stauchmoräne. (2) Nach der Vereisung schmolz das Eis. Die Schmelzwasser bildeten zunächst einen breiten See zwischen dem Eisrande und den Mittelgebirgen. Langsam verschwand derselbe, und nun bahnten sich die Wassermassen in breiten Tälern ihren Weg. Sie flossen in unserer Gegend von Osten nach Westen am Eisrande entlang. Es gibt drei solcher Urstromtäler, die sich durch Norddeutschland ziehen: im Süden das Glogau - Baruther -, in der Mitte das Berlin - Magdeburger - und im Norden das Thorn - Eberswalder - Urstromtal. Alle drei vereinigten sich im heutigen unteren Havelgebiet; das Wasser ergoß sich dann in die heutige Nordsee. Diese drei Täler haben aber nicht gleichzeitig dem Wasserabfluß gedient, sondern entstanden nacheinander. Sie waren auch keine Flußbetten im heutigen Sinne mit einheitlich fortlaufendem Gefälle und zunehmender Breite. Es waren vielmehr Abflußrinnen mit eingeschlossenen Staubecken. Das Gefälle war oft unterbrochen, die Betten wechseln, wenn neue Eisvorstöße dem Wasser den Weg verlegten und ihn anderswo freigaben. Durch das Zurückweichen des Eises und durch das allmähliche Versickern des Wassers blieben die letzten Reste dieser Ströme als unsere heutigen Seen übrig. Ganz langsam vertorften die stehengebliebenen Lachen, Sumpf entstand, Moor und Ried. Das ist der Weg, den auch unsere schönen Seen einst gehen werden. Nach dem Abschmelzen des Inlandeises und dem Verschwinden des Wassers liegt nun die reich gegliederte, vom Eise und Wasser geformte Landschaft vor uns. Gletscherströme der Eiszeit haben unser Land gebildet und modelliert. Die Höhenzüge und Hochflächen, die breiten Talzüge, die Riesensteine im Fläming und die Gletscherseen in der Zaucheheide und im Haveltal, aber auch die fruchtbaren Geschiebemergel- und Lößböden für unseren Ackerbau sowie die Tonlager an den Rändern der Hochfläche sind ihr Werk. (3) Seitdem sind etwa 20.000 Jahre vergangen. Was heute noch geschieht, ist geringfügig im Vergleich zu den Ereignissen der vergangenen Erdperiode. Seit dem Verschwinden des Eises der letzten Eiszeit tritt auch der Mensch hier auf.