Glien

Walter Schmidt: Zur Geschichte der Flämingdörfer Hagelberg und Klein Glien,

Chronik Teil 2, 1999

Aus der Chronik der Heimatschule Hagelberg,

begonnen am 4.3.1957 von Christa Strauch
Am heutigen Tage, dem 4.3.1957 wurde die Hagelberger Schule wieder eingeweiht ? welch freudiges Ereignis für alle Schulinteressierten im Ort.
Im Jahre 1932 wurde in Hagelberg auf dem Blocksberg an das Haus des Mühlenbesitzers Wanzlo das Schulhaus mit Klassenraum, Lehrmittelzimmer, Flur und Boden für die Hagelberger und Gliener Schulkinder angebaut, die vorher in einem kleinen Häuschen in Glien, gegenüber der heutigen Posthilfsstelle, unterrichtet wurden. Auch damals kostete es dem Schulvorstand viel Mühe durchzusetzen, dass die Schule in Hagelberg gebaut wurde und nicht in Glien. (Mitglieder des damaligen Schulvorstandes: Hermann Nickel). Als nach dem furchtbaren 2. Weltkrieg sich die Einwohnerzahl durch die vielen Zugezogenen mehr als verdoppelte, reichte auch in der Schule der Platz für die vielen Kinder nicht mehr aus. Es wurden zwei Klassen eingerichtet, und die Schuljahre 1 bis 4 wurden in einem Raum des ehemaligen Gutshauses des Herrn von Tschirschky in Glien unterrichtet.
Im Zuge der Zentralisierung wurden die Klassen 5 bis 8 in Hagelberg aufgelöst und die Schüler von der Belziger Schule übernommen. Leider ging uns damit auch die Schule in Hagelberg verloren. Der Konsum zog in den Klassenraum ein, im Wohnhaus lebten die Bürgermeister, die fast jährlich wechselten. Ein Raum war als Gemeinderaum eingerichtet worden.
Die Schüler der Klassen 1 bis 4 besaßen in Glien zwar einen großen Klassen? und einen Pionierraum, aber keinen Schulhof. Die Nebenräume im ehemaligen Gutshaus waren Mietswohnungen. Außerdem lag das Haus direkt an der Verkehrsstraße Belzig?Wiesenburg .
Es wurde immer wieder der Wunsch laut, das alte Schulhaus zurückzugewinnen. Man berief sich auf ein Gesetz, das forderte, Schulhäuser wieder ihrer eigentlichen Bestimmung freizugeben. Der Schulrat, Kollege Strich, schrieb an die Kreiskonsumverwaltung diesbezüglich, aber alle Versuche blieben ohne Erfolg. Inzwischen trat eine neue Schwierigkeit auf, die Lehrerin konnte trotz aller Bemühungen im Ort keine Wohnung bekommen. Als dann im Dezember die Wohnung im Schulhaus frei wurde, drangen das Schulamt und der Elternbeirat darauf, dass die Lehrerin einziehen durfte. Das Gemeindebüro wurde ins ehemalige Gutshaus verlegt und der Pionierraum in dem freigewordenen Zimmer eingerichtet.
Im Frühjahr 1956 wurden laufend Klagen über die Verkaufskultur im Hagelberger Konsum laut. Ratten und Mäuse hatten sich so eingenistet, dass keine Gegenmaßnahme half. Als der Zustand unhaltbar wurde, kamen Vertreter der Kreiskonsumgenossenschaft zum Bürgermeister (Kother) und baten um einen anderen Raum. Dieser kannte unsere Not und griff zu. Binnen eines Tages waren wir aus dem Gliener Schulraum ausgezogen und nahmen für die Zeit der Wiederherstellung und "Entseuchung" der Schule mit dem kleinen Pionierraum vorlieb.
Im Juni 1956 teilte uns der Bürgermeister das Stück Land hinter der Maulbeerhecke am neuen Denkmal als Schulgarten zu. Doch die Renovierung des Schulraumes zog sich immer länger hin. Neue Schwierigkeiten traten auf. Inzwischen häuften sich im Unterricht die ausgefallenen Stunden, denn die Kinder konnten des Platzmangels wegen nur stufenweise unterrichtet werden. Doch nun ist es endlich soweit. Die Renovierung, zu der besonders Herr Alois Winkler viel geleistet hat, ist abgeschlossen. Morgen werden die Schüler der Klassen 1 bis 4 zum ersten Mal wieder in der neuen?alten Schule lernen.

Die Einweihungsfeier

Punkt 15.00 Uhr öffnete die Lehrerin die Schultür. Alle Schüler, mehrere Eltern und Gäste (darunter der Bürgermeister, ein Gemeindevertreter, der Vorsitzende der Schulkommission und der VP?Abschnittsbevollmächtigte) waren erschienen. Die Schule war mit Schneeglöckchensträußen geschmückt, unsere Fahne wehte über dem Eingang. Die Lehrerin hielt eine kleine Ansprache, die Kinder sangen Lieder und sagten Gedichte auf: "Die Schule ist ein lustig Haus"/ "Wir sind jung und unsere Kraft"/ "Wir wollen lernen"/ "Lernen, lernen" "Der Weg zur Schule".
Während des Dankens allen Mithelfern gegenüber, wurde Herrn Winkler als Anerkennung ein kleines Geschenk (Rauchservice) und ein Strauß Schneeglöckchen überreicht. Anschließend sagte die Lehrerin einige Worte über den Perspektivplan, der dann unterzeichnet wurde. Ein von allen gesungenes Lied bildete den Abschluss. (Die Eltern, Gäste, die Lehrerin und Reinigungskraft fanden sich noch zu einem "gemütlichen Beisammensein" zusammen.)
Perspektivplan: Wie viele andere Schulen haben es sich Lehrer, Eltern und Gemeindevertretung zur Aufgabe gemacht, einen Plan aufzustellen, der uns wegweisend sein soll in unserer Schularbeit bis zum Jahre 1960. Seit dem Tage der Elternbeiratswahl wurden darum Vorschläge gesammelt und diskutiert.
Reaktionen nach dem ersten Teil:
Grüße aus Dresden im Januar 1997
"Sehr geehrter Herr Schmidt! Unser Sohn in Hagelberg hat uns zu Weihnachten Ihre Chronik I geschenkt. Ich habe sie mit großem Interesse und mit Freude gelesen. Darin steckt viel Zeit und Kraft und besonders viel Heimatliebe. Ich freue mich schon auf Teil II. Ich selbst bin auf einem Dorf im Erzgebirge aufgewachsen und habe ähnliche Kindheitserinnerungen. Wir wohnten gegenüber vom Rittergut. An die Kriegsjahre und die Flüchtlingstrecks musste ich beim Lesen denken. Ich würde mich sehr freuen, wenn sie mir einmal die kleine Kirche und den Ort zeigen würden, wenn ich wieder bei Kindern und Enkeln bin. Mit freundlichen Grüßen Maria Zweynert"
Dank aus Brück im März 1997
"Über die Chronik von Hagelberg habe ich mich sehr gefreut, aus dem einfachen Grunde, mein Mann Paul Lindemann, geb am 10. Februar 1919, war Hagelberger. Leider ist er im Oktober 1989 verstorben. ... Viele Namen, die Sie erwähnten, habe ich von meinem Mann gehört. Meine Schwiegermutter war mit Frau Herrmann in Lübnitz befreundet. Trotz aller Kümmernisse von einst hing mein Mann sehr an Hagelberg. Mich stimmt es traurig, dass ich ihm aus dem Büchlein nichts mehr vorlesen kann. Erlauben Sie mir, Ihnen für diese Arbeit zu danken. Verbleibe mit herzlichen Grüßen Frau Brunhilde Lindemann"
Glückwunsch aus Rostock im Januar 1997
"Ich möchte mich für das Buch bedanken. Da steht eigentlich auch ein Teil meines Lebens drin. Und dann die Bilder, auf denen ich mich wiedergefunden habe. Das hast Du, lieber Onkel Walter, ganz toll gemacht. Rolf und ich haben es uns immer gegenseitig aus den Händen genommen, weil jeder schneller lesen wollte als der andere.
Neulich wollten wir zu Freunden nach Itzehoe und legten in Bad Segeberg bei "Möbel-Kraft" eine Pause ein. Ich dachte ich träume. Da saß am Eingang eine Frau mit Hund, die aussah wie Frau von Tschirschky. Ich sprach sie mit dem Namen an. Sie war es wirklich, Wir haben uns beide über die zufällige Begegnung richtig gefreut und natürlich über Glien geplaudert. ... Eure Britta" Bilder aus Berlin im Juli 1998
"Haben Sie herzlichen Dank für die Übersendung der Entwicklungsgeschichte von Klein Glien. Es hat sicher viel Zeit gekostet, bis Sie alle Daten und wichtigen Ereignisse zusammengestellt und aufgeführt haben. Ich finde es beachtlich, dass Sie diese Mühe auf sich genommen haben. Wir denken gern an unseren Besuch in Klein Glien am 15. Mai zurück. Wie zugesagt, finden Sie beigefügt das Foto, das ich in der Kirche machte. Hinter Ihnen sitzend sehen Sie meine Schwester Heidi de Cramer aus Brüssel und dahinter - halbverdeckt - meinen Sohn Friedrich Wilhelm. Wir hoffen in absehbarer Zeit auf ein gesundes Wiedersehen." Martin Backhaus Verwandter der Familie v. Tschirschky
Grüße aus dem Haus "Klein Glien", Haffkrug/Ostsee vom 19. August 1998
"Lieber Herr Schmidt, mit 90 Lenzen ist man doch nicht mehr so fit, und immer wieder bleibt Arbeit liegen. Ärgerlich. Dabei möchte ich Ihnen von Herzen danken für alles, was Sie für die alte Heimat getan haben. Und noch immer tun! Immer wieder fanden wir in Ihrer Familie liebevolle Aufnahme. Es war mir eine Freude, die Menschen kennenzulernen, die nun das Haus instand setzen und Großes damit planen. Mögen sich die Hoffnungen erfüllen. Dem Bürgermeister, dem Verein und seinen Helfern wünsche ich alles Gute.
Ich freue mich schon sehr auf den Familientag um Himmelfahrt 1999, der ja in der alten Heimat stattfinden wird.
Neulich musste ich an eine Geschichte denken, die mein Schwiegervater - seinerzeit Landrat des Kreises Zauch-Belzig - erzählte und die so typisch für einen Tschirschky ist. Er fuhr wie immer im Abteil erster Klasse nach Brandenburg. Unterwegs beobachtete er auf einer Station, dass ein Mann mit einer Sau nicht in das Abteil vierter Klasse einsteigen durfte. Er vermutete, dass er sie in Brandenburg verkaufen wollte, und holte den Mann samt der Sau in sein Abteil. Die Beamten erkannten den Landrat und widersprachen nicht.
Diese Hilfsbereitschaft haben auch meine Söhne geerbt. Als ein Bauerngehöft in Bernhards Nähe abgebrannt war, mietete er sich einen Plattenwagen, zog von Haus zu Haus und bekam das Wichtigste für den Haushalt des Geschädigten zusammen. Damit richtete sich der Bauer in der Scheune ein, bis sein Haus wieder aufgebaut war.
Erinnern sie sich noch an Florian, den Langhaardackel? Als ich meinen Mann mit 16 Jahren kennenlernte, hatte er ihn bei sich. Den letzten Florian habe ich nun mit 16 Jahren einschläfern lassen müssen, um ihm Schmerzen zu ersparen. Das ist schwer. Lassen Sie mich und Ihrer lieben Frau noch einmal von Herzen Dank sagen, Ihre Frau von Tschirschky
Aus einem Rundbrief im Juni 1998: "... Eine Woche nach meinem 90. Geburtstag waren Waltraut, Alexia, Fritz, Florian und ich in der alten Heimat. Bei Fäders in Wiesenburg wohnten wir sehr nett. Vom Bürgermeister waren wir offiziell nach Klein Glien eingeladen. Eine hübsche Kaffeetafel war in dem großen Gästezimmer im Wirtschaftsgebäude gedeckt. Ein riesiger Blumenstrauß wurde mir überreicht. Das war eine bewusste Ehrung der alten Besitzer. Wir gingen auch durch das Herrenhaus. Das Dach war schon neu gedeckt, sonst war noch alles im Bau, Parkett raus usw. Sie geben sich große Mühe, alles in den früheren Zustand zu bringen.
Bei Walter Schmidt waren wir zum Mittagessen, bei Elfriede - Waltrauts Schulfreundin in Belzig - zum Kaffee und zum Abendbrot auf der Burg Eisenhardt. So verging die Zeit zu schnell. Auch bei der Spitzmaus, der Enkelin des Försters, schauten wir in Babelsberg hinein. Sie hat ein bezauberndes Hexenhäuschen.
Jetzt brennt mir die Gartenarbeit auf den Nägeln, aber ich komme kaum voran, schlimm. Und man findet keine Hilfe.
Lasst Euch von Herzen danken! Eure Renate von Tschirschky."

Auszüge Umsiedler im Dorf

Nach den Aufzeichnungen fanden in Klein Glien 53 Erwachsene und 17 Kinder Aufnahme, die u.a. aus dem Raum Sorau in Ostpreußen und aus der Bukowina in Rumänien kamen. In Hagelberg stieg die Einwohnerzahl etwa um 80 an. Viele von ihnen fanden nach schrecklichen Erlebnissen auf ihrer langen Flucht in den beiden Orten eine Unterkunft. An eine Heimkehr war nach der Besetzung ihrer Heimat nicht zu denken. Die Alteinwohner reagierten unterschiedlich. Ein allmähliches Hineinwachsen in die Dorfgemeinschaft und gegenseitige Hilfe erleichterten den Schmerz über den Verlust der Heimat. Die meisten fanden im Volksgut Arbeit oder erhielten eine Neubauernstelle im Rahmen des Gesetzes für die Bodenreform, das im Oktober 1945 erlassen wurde. In Klein Glien erhielten 10 Umsiedlerfamilien eine Neubauernstelle. Oft wurde gemeinsam zugepackt.

Die Bodenreform in Klein Glien

Walter Schmidt
Nach Einrücken der sowjetischen Besatzungstruppen übernahmen sie zuerst die Verwaltung. Aber bald kamen die Anweisungen von deutschen Ämtern. Bereits am 4. September 1945 erließ die Provinzialverwaltung Brandenburg die Verordnung zur Durchführung einer Bodenreform. Sie betraf auch die Waldgutstiftung mit den in der Gemeinde Klein Glien liegenden Flächen (siehe Skizze im Teil 1 der Chronik).
Am 13. September 1945 wurde eine Gemeindekommission für die Bodenreform gebildet, der ich auch angehörte. Mit folgenden Auszügen aus dem Protokoll sollen wesentliche Entscheidungen wiedergegeben werden:
"In der Gemeinde Klein Glien Kreis Zauch-Belzig unterlag den Bestimmungen der Bodenreform über Aufteilung des Großgrundbesitzes die Waldgutstiftung der Besitzerin Renate von Tschirschky mit einer Gesamtgröße von 2082.- ha.
Davon liegen in der Gemarkung Glien insgesamt 669.70 ha.
Nur diese Fläche untersteht der Gemeindekommission für Bodenreform in Klein Glien zur Aufteilung. Die Gesamtfläche teilt sich auf in: a) Ackerland ca. 156.85 ha, b) Viehweiden ca. 5.11. ha ,c) Gärten 1.25 ha, d) Wald 486 ha, e) übrige Flächen 20.49 ha (Wege, Hofflächen, Gewässer, Parks, Ödland usw.)
Die Zahlen bei Ackerland und Viehweiden sind nur ca. angegeben, da dieselben erst nach der genannten Vermessung und dem darauffolgenden grundbuchlichen Eintragungen stichhaltig sind. Bei der Übernahme des Gutes durch die Gemeindekommission waren, da das Gut im Mai 1945 von der Besitzerin verlassen und von dieser Zeit bis Oktober 1945 von Einheiten der Roten Armee bewirtschaftet wurde keinerlei Viehbestände mehr vorhanden. Es folgt eine umfassende Auflistung des übernommenen Inventars, überwiegend landwirtschaftliche Geräte und Maschinen: Grasmäher, Traktorenpflüge, Kartoffelroder, Häcksler, 10 Ackerwagen, 6 Kutschwagen, 1 Eilenburger, 1 Traktor Lanz Bulldog u.a.
Es folgt eine Liste der wenigen übernommenen Möbel. Die Verteilung des Inventars geschah auf folgende Weise: "Der Ausschuss der gegenseitigen Bauernhilfe nahm alle vorhandenen Geräte auf und teilte sie auf in: Wagen, leichte Ackergeräte, Ackergeräte, Maschinen, Maschinen und Geräte, die in Gemeinschaftsnutzung verbleiben. Es wurden Lose angefertigt. Jeder Neusiedler zog vier Lose. Er bekam also von den vier erstgenannten Geräten je eines. Die größeren Maschinen und Geräte, die für den einzelnen Neusiedler nicht verwendbar sind, übernahm der Bauernhilfsausschuss, der dieselben zur Gemeinschaftbenutzung zur Verfügung stellt."
In Klein Glien hatten sich 19 Bewerber für eine Neubauernstelle eingetragen. Es handelte sich um Landarbeiterinnen und Landarbeiter, Umsiedler aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und den Revierförster Heinrich Zug, der vorher der Gutsförster war.
Wald erhielten die Gemeinden Klein Glien, Borne, Bergholz, Preußnitz, Lüsse und Kranepuhl. "Der übrige Wald = 181,- ha ist Provinzialwald.", so heißt es im Protokoll. Die Interessen der im Ort wohnenden Altbauern wurden ebenfalls berücksichtigt. Sie werden im Protokoll erwähnt mit Flächentausch, der mit anderen Gemeinden verhandelt wurde. Die Feldvermessung war im Frühjahr 1946 abgeschlossen. "Die einzelnen Parzellen sind durch Steine abgegrenzt und mit Namensschildern versehen.
An übernommenen Baulichkeiten werden genannt: 2 Gutswohngebäude, 2 Stallgebäude, 1 Scheune, 1 Schweinehütte 1 Feldscheune, 2 Schuppen, 1 Garage, 3 Silobehälter und 7 Landarbeiterhäuser." Beschlossen wurde am 7. Oktober 1945 von Gemeindekommission und Bewerber: 1. Allen Landbewerbern je 6 ha Ackerland und 1 ha geeignetes Ackerland für die spätere Selbstansaat von Wiese zuzusprechen.
2. Den Bauern die in anderen Gemeinden gelegenen Flächen nach Klein Glien umzulegen. 3. Die an der Dorfstraße liegenden Viehkoppeln vorläufig noch in Gemeinschaftsbenutzung zu lassen, und später, wenn wieder die Möglichkeit gegeben ist, sie den Neusiedlern als Baustellen zuzuteilen. 4. Das Gartenland im Umfang von 1,25 ha an die Neusiedler, die noch keinen eigenen Garten haben, aufzuteilen.
In Hagelberg gab es außer dem Gut auch einige bäuerliche Wirtschaften (s. Teil 1 der Chronik). Sie hatten keine Anteile an der Bodenreform in Klein Glien, und auch das Gut Hagelberg wurde von der Bodenreform nicht berührt. So kann man nun nicht mehr vom Gutsdorf Klein Glien sprechen. Als Landgemeinde wurde es 1950 nach Hagelberg eingemeindet.
Die Durchführung des Neubauern?Bauprogramms
Durch die Bodenreform und die Aufteilung des Gutes Klein Glien hat unser Ort in den Jahren 1947?1952 ein völlig neues Dorfantlitz erhalten. So wurden im Rahmen des angeordneten Neubauern?Bauprogramms viele arbeitsfähigen Bauhandwerker, wie Maurer und Zimmerleute, aus der näheren Umgebung mobilisiert und dienstverpflichtet und zum Abriss einiger nicht mehr notwendiger Wohn?, Stall? und Scheunengebäude des ehemaligen Gutes von Klein Glien eingesetzt. Im Anschluss daran hatten sie Neubauten sowie Um? und Ausbauten durchzuführen, welche für die Neubauern bestimmt waren. Vordem wurden bereits Baulücken des Ortskernes, welche als Viehweiden und Gärten vom ehemaligen Gut genutzt wurden, den Neubauern als Baustellen vergeben. Bankkredite wurden bewilligt. Alle nutzbaren Bausteine, Balken und Eisenteile aus dem Abriss der örtlichen Gebäude sowie Baumaterial aus Wiesenburg und dem Abriss Röderhof, besonders Eisenteile, wurden herbeigeschafft. Sogar aus der ehemaligen Munitionsfabrik Treuenbrietzen wurden Mauersteine entsorgt. Der Transport von dort erwies sich damals als äußerst schwierig.
Es begann ein reges Treiben im Ort. Ausschachtungen für Keller und Fundamente wurden zum größten Teil mit Hand erledigt. Die neuen Besitzer mussten dabei kräftig mit zulangen. Baumaterialien wie Zement, Kalk usw. wurden immer wieder knapp. So musste oft mit schwacher Mörtelmischung gebaut werden, so dass im Laufe der Jahre Ausbesserungsarbeiten an den Gebäuden notwendig waren. Es wurden im Ort sieben Neubauerngehöfte mit Wohnhaus, Stall und Scheune errichtet. Mehrmals gab es auch ein Richtfest.
Bei 11 ehemaligen Landarbeiterwohnungen des Ortes wurden Um? und Ausbauten ( Stallungen und Scheunen) durchgeführt, die auch in späteren Jahren erweitert wurden. Vorwiegend waren die Baufirmen Steinhaus und Hecht aus Belzig hier tätig..
Zwei der großen Granitpfeiler vom Toreingang des Gutes wurden abgerissen und später als "Milchbank" an der Straße am Gutshof genutzt. Sie sind noch vorhanden, nur lagern sie am Weinbergweg. Das Familienwappen derer von Tschirschky über der Freitreppe des Gutshauses wurde in den Jahren 1952/53 abgemeißelt. Auch die Umzäunung des Gutsparkes sowie Pfeiler und Mauerwerk wurden abgerissen und als Baumaterial verwendet. Zum Denkmalschutz und zu schützenswertem historischem Erbe hatte man damals ein gestörtes Verhältnis. So sind Schäden entstanden, die nicht mehr reparabel sind. Im wesentlichen waren alle Neubauern bzw. Umsiedler mit ihrem eigenen Anwesen zufrieden. Aber aus Alters- und anderen Gründen waren einige Besitzer gezwungen, ihren Besitz an andere Bewerber und Siedler zu übergeben bzw. zu verkaufen. Diese neuen Eigentümer unterlagen ebenfalls den Bedingungen des Bodenreformgesetzes in bezug auf Abzahlung der recht günstigen Baukredite. Sie fügten sich im Laufe der Jahre gut in die Dorfgemeinschaft und ein.
Verlassene Gehöfte
Wenn ein Bauer Hals über Kopf seinen Besitz verlässt, dann liegen Gründe vor. Diese können sehr unterschiedlicher Natur sein. Da war die Angst, ein vorgegebenes Soll nicht zu schaffen oder bedrängt zu werden, es gab Verhöre und Verhaftungen, Zeitungen nannten abschreckende Beispiele u.a. Familie Mumme ist am 5. Juni 1953 Hals über Kopf und ohne Wissen der Nachbarn dem Ernährer gefolgt, der schon 1952 in seine Heimat bei Hannover übergesiedelt war. Familie Mumme war angesehen im Ort. Nun war es ein "devastierter Betrieb". Lebendes und totes Inventar übernahm das Volksgut, bewirtschaftete die Flächen und versorgte das Vieh.
Im Februar 1953 war der Gastwirt und Landwirt Fritz Haseloff aus Hagelberg seiner Frau und den Kindern in den Westen gefolgt. Hier war er nach Aussagen seiner Frau erfolgreich leitend in der Landwirtschaft tätig. Gebäude und Inventar der Hagelberger Wirtschaft wurden von der Gemeinde, das Inventar vom Volksgut übernommen.
In Klein Glien entschlossen sich die Familien H.Paul/Storm am 26. November 1955 über Nacht in den Westen überzusiedeln. Im Ort bemerkte niemand das Vorhaben. Der gutgehende landwirtschaftliche Betrieb von 24 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, einer der größten im Ort, lag nun verlassen da. Die die gingen, nahmen nur das Nötigste mit, damit sie an der Grenze nicht auffallen. Jeder hatte die Sicherheit, zunächst bei Westverwandten aufgenommen zu werden. In diesem Fall war das Elternhaus von Klaus Storm in Schleswig-Holstein das Ziel.
Für die Gemeinde Hagelberg stand die Aufgabe, für den verlassenen Betrieb eine schnelle Lösung zu finden, da besonders das Vieh versorgt werden musste. Man fand heraus, dass Paul Wenzel früher Melker gewesen ist, und bot ihm an, den Betrieb weiterzuführen. Bald fand sich ein Pächter aus Lütte, Karl Schulze, welcher einen Nutzungsvertrag ab 1. Januar 1956 für fünf Jahre erhielt. "Die Genehmigung wird gem. Artikel IV des Kontrollratsgesetzes Nr. 45 erteilt", bestätigt die Abteilung Landwirtschaft beim Rat des Kreises am 25.7.1956. Als Nutzungsgebühr wurde die Zahlung von 1.155,20 DM pro Jahr vereinbart. Versuche, ein Jahr früher aus dem Vertrag auszusteigen, waren erfolglos. Nur wenn er einen geeigneten Nachfolger bringen würde, könne er aus dem Vertrag entlassen werden. Krankheit der Betreiber galt nicht als Grund für die Vertragsaufhebung. "Der Nutzende Karl Schulze ist Mitglied der LPG "Goldene Aue" in Hagelberg." Der Vorsitzende wurde befragt, ob die Genossenschaft den Betrieb übernehmen würde. Das wird abgelehnt, wie aus dem Protokoll ersichtlich, "mit der Begründung, dass bedingt durch die niedrige Zahl der Arbeitskräfte es im Augenblick nicht möglich wäre noch diesen Betrieb ohne Arbeitskräfte zu übernehmen." ... "Die Entscheidung erging gemäß § 3 (1 -3) der Pachtschutzverordnung vom 30.7.1940 in Verbindung mit dem § 24 der VO über die Übertragung der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 15. Oktober 1952." Das Protokoll trägt nur eine Unterschrift, und zwar die des Abteilungsleiters Nagels, der allerdings nicht unter den 12 Anwesenden bei der Pachtschutzverhandlung aufgelistet ist, die an diesem Tage zwischen der Gemeinde Hagelberg und dem Genossenschaftsbauern stattgefunden hatte. Solche wichtigen Beschlüsse verantwortete der Rat des Kreises. Der Beschluss mutet eher wie ein Befehl an: Herr K.S. wird verpflichtet, "den von ihm übernommenen Betrieb so wie bisher unter Berücksichtigung des genossenschaftlichen Charakters einer LPG Typ I weiterzuführen."
Am 26.2.1962 wurde die Wirtschaft mit allem lebenden und toten Inventar von der örtlichen LPG "Saatbau" übernommen. Vorhanden waren 18 Läufer, 2 Mastschweine, 6 Kühe, davon 2 tragend, 8 Kälber, 2 Färsen tragend, 1 Färse, 2 Pferde, 6 Schafe und 3 Lämmer, 30 Hühner, 100 Zentner Futterrüben, 12 Zentner Roggen und 12 Zentner Hafer und diverse Geräte und Maschinen, wie sie 1956 übernommen wurden. Diesmal trägt das Übergabe-Protokoll vier Unterschriften. Die Melkerfamilie Kienast führte später nach dem Muster einer teilweisen Viehhaltung der LPG Typ II die Betreuung der Tiere weiter. Das Milchvieh wurde von nun an im ehemaligen Kuhstall des Gutes Klein Glien gehalten und versorgt. Nach Einbringung der Inventarbeiträge der Mitglieder im Mai 1969 wurden ebenfalls die Ställe der Mitglieder genutzt. Von dieser Zeit an bestand die LPG Typ II aus einer Feldbau- und einer Viehzucht-Brigade.
Die Nutzung des Wohnhauses und des Gebäudes lag weiterhin in Händen der Gemeinde.