kranepuhl

Klepzig aus der Geschichte der Gemeinde

zusammengestellt von Erich Hesse

Herausgeber: Gemeinde Wiesenburg / Klepzig
Redaktion: Helga Kästner (Belzig), Manuela Heinrich
Bildgestaltung: .... Ihms, Günter Kästner
unter Verwendung von Fotos aus dem Privatbesitz der Bürger und aus dem Bildarchiv im Gemeindehaus
Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie Veröffentlichungen jeder Art nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors und Herausgebers.

Verneigung vor den Chronisten

Manchmal nahmen wir unsere Fahrräder, fuhren nach Zehrensdorf in die Blaubeeren, einige hatten ihre Gefäße schnell voll, aber ich war wohl nicht sehr erfolgreich. Etwas später nahm mich manchmal Dr. Geck mit nach Klepzig. Er hatte dort Hausbesuche zu erledigen und es gehört zu meinen schönsten Erinnerungen, vom Auto aus die Welt zu betrachten. Wer hatte damals kurz nach dem Kriege schon ein Auto. Manchmal hatte der Doktor ein paar Eier in der Hand oder ein Glas Pflaumenmus, wenn er das Haus verließ. Hunger hatten damals alle, auch er. Nach fast fünfzig Jahren ist mir Klepzig wiederum wichtig geworden. Es geht um eine Klepziger Chronik, zum zweiten Mal wurde eine ABM beantragt. Ich kümmere mich ein wenig und staune

Entstehung der slawischen Siedlung Klepzig

Bei der Wanderung der Slawen (Wenden) im 6. Jahrhundert in die fast menschenleeren Gebiete war ein größerer Trupp weit nach Südwesten vorgedrungen. Dort waren wilde Wälder ohne Wege und Stege. Nur die Tiere hatten Trampelpfade getreten. Wasser gab es auch nicht viel. Der Menschenhaufen rastete vielleicht an einem schmalen Wasserlauf, möglicherweise liegt dort heute das Dorf Rädigke. Einige aber zogen mit ihrem Anhang, den Frauen und Kindern, weiter den Bach entlang. Sie umgingen einen Hügelzug, später die Burgwallanlage des Rabenstein, und drangen weiter in den Wald ein. An einer lichten Stelle, wo es auch aus einem Tümpel Wasser gab, ließen sie sich nieder. Die Wasserstelle war von sumpfigen, mit Strauchwerk bewachsenen Wiesen umgeben. Im Westen und Süden stieg das Gelände etwas an und ging in Wald über. Sie bauten in den nächsten Tagen hier ihre primitiven Hütten. So entstand vermutlich die erste Siedlung des heutigen Klepzig mit ein paar Wohnstätten. Eine genaue Jahresangabe und die Anzahl lassen sich nicht feststellen. Aber vielleicht war das auch gar nicht so, bemerkt die Redaktion, denn Ausgrabungen des letzten Jahrzehnts lieferten den Beweis, hier wurde viel früher schon gesiedelt, als es der Heimatforscher Hessen und andere Chronisten angenommen hatten.
Die Siedlung hatte zunächst keinen Namen. Wozu brauchten sie einen Namen? Seine Bewohner, so anspruchslos sie auch waren, hatten zuerst die Aufgabe, ihr Leben zu sichern, das heißt: eine Schöpfstelle am Tümpel zur Wasserentnahme zu befestigen und später einen Schöpfbrunnen zu graben, ferner Feuerstätten zuerst im Freien und später nach dem Ausbau der Wohnstätten in der Hütte zu bauen. Sie mussten für den Lebensunterhalt sorgen. Nahrung gab ihnen der Wald. Sie stellten Fallen und suchten die Früchte des Waldes. Später wurden auch Gärten angelegt. Es vergingen Jahre, ehe die Siedlung befestigt und das Leben darin eingerichtet war. Als sie dann aber bei ihrer Nahrungsbeschaffung und bei der Jagd mit Menschen zusammentrafen, begriffen sie die Notwendigkeit eines Namens, vor allem als eine gewisse staatliche Ordnung für das neue Wendengebiet entstand. Es existierte eine einfache Verwaltungsform. An der Spitze ihres Fleckens stand der Älteste, mehrere Dörfer unterstanden einem Zupan. Unser Flecken gehörte zum Zupanat Rädigke. Der Name unseres Dorfes war Chlepzig. Was dieser Name bedeutet, ist noch nicht eindeutig geklärt. Die wendische Ableitung von chlep bedeutet Brot, chlepig also kleines Brot oder Brötlein. Ich neige aber dazu, es so zu deuten: chlep ist nicht nur Brot allein, sondern Brotgetreide, Nahrung überhaupt. Die Endung ik, ig oder igk ist eine Verkleinerungsendung. Danach wäre es also zu übersetzen mit „Kleine Nahrung oder wenig Nahrung" – sinngemäß der Ort, der arm an Nahrung ist. Chlepzig war also eine armes Dörflein. Die viel später entstandene Namensdeutung – in einer Zeit, als die Wenden schon in der deutschen Bevölkerung aufgegangen waren und nicht mehr wendisch sprachen, geht von Voraussetzungen aus, die bei der Gründung der Siedlung und der späteren Namensgebung noch nicht vorhanden waren, z. B. die gesellschaftliche Arbeitsteilung der Bevölkerung in Fischer und Jäger, Ackerbauern und Viehzüchter sowie verschiedene Handwerksberufe. Die Sage von dem Bäcker, der die kleinen Brote buk, entstand wahrscheinlich erst im 18. oder 19. Jahrhundert.
Zur Doppelbedeutung des Wortes chleb und anderer wendischer Wörter ist noch Folgendes zu erwähnen: Chleb = Brot, Brotgetreide, chlebzig = kleines Brot, chlepsno = klopfen, dreschen – Ort, wo gedroschen wird, abgeleiteter Ortsname z. B. = Klepsow.
Um 1200 ist jedenfalls Klepzig erstmals als Dorf schriftlich fixiert worden; von da ab ist es in Urkunden öfter erwähnt worden. Man nimmt fälschlich dieses Jahr als Gründungsjahr an. In Wirklichkeit ist das Dorf eine alte wendische Siedlung.
Einige heimatkundliche Veröffentlichungen setzen das Alter des kleinen Dorfes Klepzig auf etwa tausend Jahre. Nach meiner Ansicht ist diese wendische Gründung älter, die erste urkundliche Erwähnung mag wohl tausend Jahre sein, aber da bestand ja das Dorf schon 300 bis 400 Jahre. Alles sind Theorien.