Kopp

Rüstungskonzern K0PP & Co. m.b.H BERLIN

Metallwarenfabrik Treuenbrietzen G.m. b.H. • Werk Sebaldushof Treuenbrietzen • Werk Selterhof Treuenbrietzen • Werk Roederhof Belzig

Draht- und Metallwarenfabrik G.m.b.H. Salzwedel Preßwerk G.m. b.H. Metgethen/Königsberg Zieh- und Stanzwerk G.mb.H. Schleusingen

Zentrale: Berlin W 35, Stülerstr. 7 (1939) Treuenbrietzen, Berliner Str. 31 (1944)
DOKUMENTATION von Gerhard Dorbritz Belzig 2003

Aufrüstung gegen das Verbot

Im Versailler Vertrag vom 28.06.1919 wurde in 440 Artikeln von der ENTENTE (über Deutschland) der Frieden „diktiert". Einer davon war das Verbot der Herstellung von Kriegsmaterial bzw. die Kontrolle über dessen Produktion.
Wie dieser Artikel in einer feinen Art und Weise umgangen wurde, zeigt das Beispiel der Metallwarenfabrik Treuenbrietzen m.b.H., aber auch der Draht- und Metallwarenfabrik G.m.b.H. Salzwedel. Bereits im Jahre 1924 wurde durch die Gebrüder Peter, August und Heinrich Kopp aus Berlin im neu angebauten Teil der "Gehre-Dampfmeßgerätefabrik" in Treuenbrietzen mit der Produktion von Infanteriegewehrmunition begonnen, nach außen als "schwedische Jagdgewehrmunition" deklassiert. Walter Gellert, Kenner der Produktion der Werke in Treuenbrietzen und Belzig erarbeitete in den sechziger Jahren als Archivar des Rates des Kreises Belzig die "Geschichte der Metallwarenfabrik Treuenbrietzen". Berichte über die Munitionsfabrik waren nicht gefragt, aber er schrieb seine Erinnerungen auf und legte sie im Kreisarchiv ab. Sie ist der Hauptinhalt dieser Dokumentation. Aus Salzwedel erhielt ich vom Stadtarchiv einen aussagekräftigen Bericht der dortigen Munitionsfabrik. Bereits 1928 wurde dort Infanteriemunition hergestellt. Über die Produktion des Werkes in Schleusingen vermittelte uns das Landratsamt Hildburghausen über das Thüringischer Staatsarchiv aufschlußreiches Material. Damit hatten wir Aussagen zu vier Standorten des Rüdstungskonzerns Kopp & Co.
Um auf die Namen und Standorte der sechs Munitionsfabriken des Rüstungskonzerns Kopp & Co zu kommen, war die Hilfe des Bundesarchivs in Berlin notwendig. In der Übersicht stand der Namen "Metgethen" (ich wußte bisher nur etwas von Metkehnen). Auf der Landkarte des nördlichen Teils von Ostpreußen fand ich Metgethen bei Königsberg (Kaliningrad). Walter Gellert wies in seinem Bericht auf den Bau einer Munitionsfabrik in der Schweiz im letzten Kriegsjahr hin. Auch dahin verfolgte ich die Spur, aber dabei stieß ich auf den Hinweis, dass der Meister Paul Erdmann als einziger Belziger dort eingesetzt. Nach meinen Recherchen bei seinen Verwandten wurde klar, dass es sich um Landeck in Österreich handeltn musste, denn seine Versetzung war mehreren bekannt.
Wie weit die Macht eines Rüstungskonzerns ging, geht aus dem veröffentlichten Schreiben der Metallwarenfabrik an das Stadtbauamt Treuenbrietzen hervor. In allen Rüstungswerken der Kopp & Co G.m.b.H. wurden Zwangsarbeiter, zum Teil auch KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene beschäftigt. In Treuenbrietzen, Belzig und Schleusingen auch italienische Kriegsgefangene. Diese wurden nach der Kriegserklärung Italiens an Hitler-Deutschland vom 16.10.1943 an der Ostfront interniert. Sie wurden „Badoglio-Truppen" genannt. Aufgrund der Situation in Berlin wurde Anfang 1944 die Konzernleitung von Berlin W 35, Stülerstr. 7 nach Treuenbrietzen, Berliner Str. 31 verlagert. Hier waren 78 Angestellte tätig. Nach Kriegsende wurde das Rüstungsimperium der Gebrüder Kopp von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet, die Maschinen, Geräte und Werkzeuge in den Werken demontiert und im Rahmen der Reparationen an die Sowjetunion ausgeliefert. Über die Zentrale, so wurde die Konzernleitung der Kopp & Co genannt, wurde nicht viel bekannt. Wie sie operiert hat, ist nicht genau zu erkennen. Sie selbst war eine "G.m.b.H", aber die Metallwarenfabrik Treuenbrietzen war mit ihren drei Werken ebenfalls eine GmbH, Salzwedel war eine eigene GmbH, ebenfalls Schleusingen. Wie es in Metgethen war, ist bisher nicht festzustellen, ebenso von Landeck in Österreich.
Die "Zentrale" hatte es bereits in der Weimarer Republik verstanden, neue Werke zu projektieren und Munition zu produzieren. die der Kriegsvorbereitung diente. Offen bleibt die Frage, was aus der „Zentrale" nach dem Krieg geworden ist.
Tausende von ausgebeuteten "Gefolgschaftsmitgliedern", Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und insbesondere von KZ-Häftlingen dienten einer "G.m.b.H.", deren Gesellschafter nicht zur Verantwortung gezogen wurden. Es wäre auch die Frage offen, ob sie sich heute zu erkennen geben und ihren Anteil in den Entschädigungsfonds gezahlt haben. Mit dieser Dokumentation wird versucht, etwas Licht in das Dunkel der Vergangenheit zu bringen und weitere Forschungen anzuregen.
Belzig, im April 2003
Gerhard Dorbritz