Neschholz Teil 2

Bärbel Kraemer im Februar 2002 im Vorwort zur Neschholzer Chronik, Teil 2
Begeben wir uns gemeinsam auf die Reise in die Vergangenheit und nutzen dabei den "Gedächtsnisbrunnen", der aus den Erfahrungen der Lebenden entspringt und vertiefen uns in die Materialien aus den Archiven, die uns die früheren Generationen überlassen haben. Heimat ist der Ort, an dem ein Mensch aufwuchs, an den ihn gute und schlechte, fröhliche und auch traurige Erinnerungen binden. Ich wünsche mir, dass Sie neugierig sind auf diesen zweiten Teil der Ortschronik Neschholz. Begleiten Sie mich auf einer Reise durch die Geschichte unserer Heimat. Unsere Vorfahren hatten ein hartes, schweres Leben hier im Fläming. Krieg, Seuchen, Feuersbrünste, Naturgewalten - Szenarien, die die Menschen früher aufs Härteste trafen, die ihnen oftmals jegliche Existenzgrundlage nahmen, ihnen nur das Leben ließen und die trotzdem die Kraft fanden, wieder neu zu siedeln. Im Teil 1 der Neschholzer Chronik (Schulchronik) war darüber zu lesen. Für den Teil 2 steuerten viele Neschholzer ihr gesammeltes Material bei. Werner Niendorf, der Wühlmüller, und Otto Zimmermann, der Landwirt, gaben ihre Erfahrungen und Einsichten zur Ortsgeschichte wieder, sie schrieben und diskutierten, begleiteten mich Stück für Stück beim Entstehen des Manuskriptes. Viele andere wären zu nennen. Herr Lack und Herr Schmoll öffneten mir immer wieder die Türen und standen mit Rat und Tat zur Seite. Mein Dank geht an all die, die mir unendlich viel Vertrauen entgegenbrachten. Der Seniorenrunde, die sich regelmäßig trifft, sei für wunderschönes altes Fotomaterial gedankt. Stellvertretend für alle freundlichen Helfer möchte ich die Familien Uebe, Opitz, Hübner, Pennewiß und Lahn nennen. Nicht vergessen werden darf Frau Kästner aus Belzig, die ihr ganzes Wissen und Können mit so viel Hilfsbereitschaft bündelte, um dieses Buch entstehen zu lassen. Wenn Sie, liebe Leser, die letzte Seite zugeschlagen haben und Ihnen dann ein Lächeln über ihr Gesicht huscht, weiß ich, dass meine Arbeit nicht umsonst gewesen ist. Ich wünsche diesem Dorf mit seinen Menschen eine glückliche Zukunft und auch weiterhin ein friedliches Miteinander.
Dank an Bärbel Kraemer
Sie gehört zu denen, die nach ihrer ABM nicht aufhörten, sich mit historischen Ereignissen zu beschäftigen und unermüdlich dabei helfen, Handschriften zu retten. Zur Zeit schreibt sie die vier Protokollbücher der Belziger Sanitätskolonne ab, die als Handschrift von 1904 bis 1929 vorliegen. Ein Druck ist für den 100. Gründungstag im Dezember 2004 mit Unterstützung des Kreisvorstandes des Deutschen Roten Kreuzes geplant. Unzählige Stunden verwendete sie für die Verdichtung des Materials und für die Vorbereitung zum Druck. Sie hat auch den Mut gefunden, aus dem erarbeiteten Material Geschichten herauszufiltern und sie in der Kreispresse vorzustellen.
Wir wünschen uns und ihr, dass ihre Begeisterung anhält und sie eine feste Arbeitsstelle findet, wo ihre PC-Fähigkeiten gebraucht werden.

Inhalt

Die Besiedlung
Das Dorf im 30-jährigen Krieg
Hüfner, Kossäten und Büdner
Von den alten Erbhöfen, der Splittersiedlung in der Bahnhofstraße, der Bebauung der Brücker Straße bis zum Mühlen- und Ziezower Weg
Die Kirche zu Neschholz
Die Schule
Geschichten aus dem Schulzenamt - von Gemeindevorstehern und
Gemeindevertretern
Von den Feuerschäden in früheren Zeiten bis zur Gründung der FFw
Von der Eigenversorgung auf dem Lande damals bis zum klingelnden
Eismann heute
Morgen wird gebacken
Wie der Kaffee geröstet wurde
Vom Schlachten
Über die Versorgung mit Milch
Der Konsum kommt ins Dorf
Von der Post - mit der Pferdebespannten Postkutsche fing alles an
Die medizinische Versorgung auf dem Dorf
Schwangerschaft und Geburt - einst nur Frauensache
Von der Neschholzer Jagd
Die Plane
Die Schafwäsche
Dürre und Hochwasser
Das Auto - eine Geschichte, die für sich spricht
Fortschritt, Erfindergeist und Industriealisierung
Als der Strom unseren Ort erreichte
Von alten Sitten und Bräuchen aus unserem Heimatdorf
Die Taufe
Der Pingel als Patengeschenk
Die Konfirmation
Die Hochzeit
Die Beerdigung
Vom Hammelauskegeln
Fuchsschwanzjagd und Hahnenreiten
Die Adventszeit - Weihnachten - Der Jahreswechsel
Ostern - Himmelfahrt - Pfingsten - Totensonntag
Die Handwerks- und Gewerbebetriebe
Die Gaststätte
Die Wühlmühle
350 Jahre Schmiedehandwerk in unserem Ort 1652 - 2002
Der Fensterbaubetrieb der Familie Hübner
Der Landwirtschaftsbetrieb der Familie Wieland
Neschholz erlebt den Krieg und das Kriegsende 1939 - 1945
Achtet auf den Kartoffelkäfer
Aufstieg und Fall der Neschholzer LPG

Auszug

Von alten Sitten und Bräuchen
Traditionen wurden schon immer von Generation zu Generation weitergereicht. Einige davon sind noch heute bekannt, andere gerieten immer mehr in Vergessenheit. Gerade Junge Menschen versuchen heute so manchen alten Brauch wieder neu mit Leben zu erfüllen.
Die Taufe. Mit der Taufe wird das Kind in die christliche Gemeinde aufgenommen. Die Paten erhalten von den Eltern des Kindes den Patenbrief mit der Bitte um Übernahme der Patenschaft. Jedes Kind bekommt mindestens drei Paten. Früher kam es vor, das ein Kind bis zu 20 Paten hatte. Am Tag der Taufe versammeln sich die Eltern und Paten mit dem Kind um den Taufstein in der Kirche. Während der Zeremonie wird dem Kind der christliche Segen erteilt. Das Patengeschenk - meist ein Geldbetrag - wird dann zu Hause unter das Kopfkissen des Kindes in der Wiege - geschoben. Jeder Christ ist in Notsituationen berechtigt, die Taufe auszuführen. Das Gleiche gilt für die Hebamme. Auch sie kann auf Wunsch der Eltern dem Kind die Nottaufe erteilen. Atheistische Familien entscheiden sich oft für die Namensweihe bzw. Namensgebung ihrer Kinder. Auch hier stehen den Kindern Paten zur Seite.
Der Pingel als Patengeschenk auch Püngel oder Pündel genannt, wurde noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts (ca. 1950) als Patengeschenk für das Patenkind verstanden. Dieser Pingel war eine weiße Stoffserviette, die über Kreuz in der Mitte zusammengebunden wurde. Honigkuchen und Äpfel wurden in ihm eingewickelt. Das Patenkind bekam den ersten Pingel zum ersten Geburtstag und den letzten zum Weihnachtsfest vor der Konfirmation geschenkt. Die Paten (nur die Frauen bzw. Ehefrauen) brachten das Patenpingel zu ihrem Patenkind nach Hause. Bei einem guten Essen saß man dann zusammen, bevor man sich am Abend verabschiedete.
Die Konfirmation Nach zweijährigem Konfirmandenunterricht werden die Konfirmanden im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes vollberechtigte Mitglieder der Kirche. Danach darf der Konfirmierte zum ersten Mal im Kreise seiner Familie am Abendmahl teilnehmen. An diesem Tag bekommt der Konfirmand seine "Konfirmationsurkunde". Alle Paten und Gäste nehmen an dieser Feier teil. Mit dem Konfirmationsgeschenk war die Patenpflicht beendet. Atheisten wählen für ihre Kinder die Jugendweihe bzw. Jugendfeier, die ein Verein organisiert.
Die Hochzeit Noch vor 100 Jahren war die Verlobung Grundvoraussetzung für eine spätere Heirat. Sie wurde gebührend bekannt gegeben. Dieses gegenseitige Versprechen hatte ein hohes Ansehen. Lange bevor geheiratet wurde, hieß es, die Aussteuer zusammenzutragen. Dazu zählte nicht nur das gute Leinentuch, sondern auch das Federbett.
In jedem zweiten Jahr im Winter wurde die Nachbarschaft zum "Federnreißen" gerufen. Nach getaner Arbeit gab es für die fleißigen Helfer Pfannkuchen. Die gerupften Federn füllten dann bald die Betten der Familie. Ein Teil davon war für die Aussteuer bestimmt, da früher die Frau die Federbetten mit in die Ehe brachte. Später änderte sich dieser Brauch und Mann und Frau brachten jeweils ihre eigenen Betten mit ein. In das Unterbett kamen sechs Pfund Federn, in das Oberbett acht Pfund und in das Kopfkissen drei Pfund.
War das Paar eine Zeitlang verlobt, Eltern und Schwiegereltern sich einig über die Aussteuer, war es an der Zeit, das Aufgebot zu bestellen. An die Kirchentür kam nun ein Aushang. Das ganze Dorf konnte lesen, zu wann die Hochzeit bestimmt war.
Das Fichtengrün wurde mit Pferd und Wagen meist aus der Baumschule in Wiesenburg geholt. Der Heustrang wurde vom Heuboden herangeschafft. Die jungen Mädchen des Dorfes kamen zusammen, um die Girlande zu binden. Eine Hochzeitsgirlande schmückte das Hochzeitshaus, eine zweite die Stühle in der Kirche, die für das Brautpaar bestimmt waren.
Am Mittwoch vor der Hochzeit ging es dann zum "Poltern". Dazu wurde ein großes altes Wagenbrett an das Hoftor gestellt. Jung und Alt konnten hier altes Geschirr zerschlagen. Die Kinder des Dorfes kamen schon am Nachmittag zum Poltern. Für sie stand im Flur ein Wäschekorb mit Streuselkuchen bereit. Polterkuchen war unter den Kindern sehr begehrt. Die Erwachsenen gingen am Abend zum Poltern. Die Scherben mussten von den Brautleuten selbst weggeräumt werden. Man war froh, wenn es recht viele waren. Schließlich heißt es doch "Scherben bringen Glück". Gepoltert wird in Neschholz noch heute.
Der Donnerstag war lange Zeit der eigentliche Hochzeitstag. Die Verwandten aus den umliegenden Dörfern kamen mit der Kutsche oder ihrem besten Pferdewagen bis vor das Hochzeitshaus gefahren. Dort stand schon die Blaskapelle bereit, die für jeden Ankommenden zum Tusch aufspielte. Zur Begrüßung wurde ein Schnaps und eine Zigarre gereicht. Alle Gäste bekamen nun ihr Quartier bei anderen Hofbesitzern zugewiesen. Eine Hochzeit ging bis in den frühen Morgen. Es war selbstverständlich, dass die Gäste über Nacht blieben. Bei den Quartiergebern nahm man auch ein kleines Mittagsmahl ein. Selbst die Pferde wurden dort ausgespannt und bekamen ihr Futter. Es folgte eine Stallbesichtigung. Nun war es an der Zeit, das "gute Kleid" herauszuholen. Man machte sich für den Kirchgang zurecht.
Noch vor 100 Jahren trug die Braut zu ihrer Hochzeit ein schwarzes, selten auch ein dunkelgrünes Kleid. Der Bräutigam erschien im Gehrock mit Zylinder. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg trug die Braut schon das lange weiße Kleid, oft mit Schleier und Schleppe. Der Herr trug Smoking, Fliege, Handschuhe und Zylinder. So ging es zum Hochzeitshaus. Hier trafen sich alle geladenen Gäste - und die "Kiekeweiber" auch. Waren alle im Hochzeitshaus versammelt, kam die Reihe an den Platzmeister. Er hatte viel zu tun, musste er doch den Festzug zusammenstellen. Die jungen Unverheirateten wurden von ihm aufgerufen und bekamen ihren Tischherren oder ihre Tischdame zugewiesen. War man bereits verlobt, wurde der oder die dazugehörige Verlobte mit zu dem Fest eingeladen. Diese junge Gruppe bildete nun ein Spalier und endlich konnte das Brautpaar aus dem Haus treten. Der Hochzeitszug nahm Aufstellung. Zuerst die Musikkapelle, dahinter die Blumenkinder, dann das Brautpaar, danach die unverheirateten Paare, die Eltern und zu guter Letzt die übrigen geladenen Gäste. Die Musikkapelle spielte auf und es ging zur Kirche. Auf dem Hinweg spielte man Choräle - zurück ging es in lustiger Marschmusik. Nach der Trauung in der Kirche bekam das Brautpaar die "Traubibel" vom Pastor überreicht. Für eine Hochzeit räumte man damals schon die Stube aus - Tische und Bänke wurden in der Gastwirtschaft Wrede geliehen. Nach der Trauung fanden sich auch Pastor und Lehrer im Hochzeitshaus ein. Beide hielten eine Rede. Der eine für die Eltern, der andere für die Brauteltern. Als Dank dafür waren beide zu gutem Essen eingeladen. Dem Pastor stand sogar das Recht zu, zu jedem Hochzeitsmahl zu erscheinen.
Für ein Hochzeitsfoto vor dem Hochzeitshaus nahm die Gesellschaft gern noch einmal Aufstellung. Es gab bisweilen Damen, die drei Kleider mit auf ein Hochzeitsfest nahmen und sie nacheinander auch trugen. Neigte sich das Fest dem Ende zu, galt es, den Schleier abzutanzen und den Brautstrauß zu werfen. Es heißt, das Mädchen, das ihn fängt, wird als nächstes heiraten. Brautstrauß werfen und Schleier abtanzen gehören noch heute zu jeder Hochzeit. Für kurze Zeit konnte sich das Brautpaar nun zurückziehen. Erschien es dann nicht von selbst, wurde es so lange gesucht, bis man es fand. Zurück bei der Hochzeitsgesellschaft, wurde getanzt bis in den frühen Morgen. Um 8.00 Uhr stand das Frühstück für die Gäste bereit. Traditionell - Bockwurst mit Kartoffelsalat. Gemeinsam ging man noch einmal durch das Dorf, besichtigte das Vieh in den Ställen. Erst nach diesem Rundgang wurden die Gäste verabschiedet.
Noch einmal spielte die Musik für sie auf, dann erst konnten sie sich mit ihren Wagen auf den Heimweg machen. An den Peitschen wehte noch immer das kleine grüne Band, das auch zu jeder Hochzeit gehörte. Für die zu Hause Gebliebenen, die auf dem Hof während der Abwesenheit von Bauer und Bäuerin das Vieh versorgten, wurde ein großes "Pündel mit Hochtiedkuke" (Hochzeitskuchen) mitgegeben.
Der Sonnabend nach der Hochzeit war dann für Braut oder Bräutigam der Tag, an dem sie ihr Elternhaus verließen. "Trecketag" wurde er genannt. Für denjenigen galt dann eine vierwöchige Besuchssperre für das Elternhaus. Sie wurde verlangt und wurde eingehalten. Bis in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts waren die Viehhändler oft auch als Heiratskuppler auf den Dörfern aktiv. Sie kannten die Bauernwirtschaften, wussten, wo man gut einheiraten konnte, kannten oftmals auch die Mitgift, die für die Söhne oder Töchter bestimmt waren. Die Töchter konnten oftmals erst wegheiraten, wenn die Söhne verheiratet waren und eine Schwiegertochter auf dem Hof war, die ihrerseits eine Mitgift mit eingebracht hatte. Man achtete genau auf standesgemäße Heiraten, ob Sohn oder Tochter dabei immer glücklich waren, ist zu bezweifeln.
Heirateten junge Leute gegen den Willen ihrer Eltern, kam es vor, dass sie verstoßen und missachtet wurden. Ein Leben lang. Die Hochzeitsbräuche früherer Zeiten waren nicht nur froher und lustiger Natur. Es gab noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts sehr harte und für die Betroffenen oft diskriminierende Bestimmungen, die strikt eingehalten werden mussten, sogar wenn es sich dabei um Mitglieder angesehener Familien des Dorfes handelte. Im Kirchenbuch stand: "Am 3. 2. 1901 ist im Gemeindekirchenrat über einen Antrag des Dreihüfners B. abzustimmen. Es heißt im Protokoll: Da sowohl B. als auch seine Braut bescholten sind, wird durch Stimmenmehrheit beschlossen, an nachstehendem Beschluss der Kreissynode festzuhalten. Danach ist es nicht erlaubt, das Läuten der Glocken, das Geleit des Paares durch Brautführer und Brautjungfern und die Musikbegleitung zur Kirche. Die Altarkerzen dürfen nicht entzündet werden und der Braut ist das Tragen von Myrtenkranz und Schleier nicht gestattet."
Die Beerdigung Die Lebenserwartung der Menschen war in den früheren Jahrhunderten weitaus kürzer, die Kindersterblichkeit sehr hoch. Der Neschholzer Friedhof ist Eigentum der evangelischen Kirche. Er wurde 1904 durch den Zukauf von zwei Grabreihen vergrößert. Bis zur Mitte, eventuell auch bis Ende des 19. Jahrhunderts hatte jede Familie ihre bestimmten Grabstellen. Die erste große Grabstätte, vorn links vom Haupttor, gehörte der Familie des Lehnschulzen Wrede/Dehne. Später erfolgten die Beerdigungen in fortlaufender Reihe, mit Ausnahme einiger Familien-Grabstätten (Erbbegräbnisse) am Außenzaun. Die Beisetzung von verstorbenen Gemeindegliedern erfolgte immer unter großer Anteilnahme der Einwohner. So waren meistens alle Familien, besonders die Frauen, in der Trauergemeinde vertreten.
Die Grabstelle wurde jeweils von sechs Männern ausgehoben, die dann auch den Sarg zum Grab trugen. Die Träger hatten dabei oftmals einen langen Trageweg, zumal bis 1972 jede Beerdigung vom Trauerhause aus erfolgte. Seit 1972 steht nun die Leichenhalle auf dem Friedhof zur Verfügung. Nachdem der Pfarrer die Segnung und die Worte des Trostes gesprochen hatte, wurde der Sarg unter dem Geläut der Glocken in die Gruft gelassen. Anschließend wurde und wird in der Kirche vom Pfarrer vor versammelter Gemeinde der Lebensweg des Verstorbenen noch einmal erwähnt und gewürdigt. Das Begräbnis fand dann mit Gebet und Dank seinen Abschluss. In der heutigen Zeit werden bereits viele Beerdigungen ohne den christlichen Segen durchgeführt. In diesem Fall bleibt die Kirche geschlossen und die Glocken schweigen. Nach der Beisetzung wird von den Hinterbliebenen, den trauernden Verwandten und Freunden gemeinsam bei Kaffee und Kuchen des Verstorbenen gedacht. In der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg war es häufig üblich, vorausgesetzt man konnte es sich finanziell leisten- eine Beerdigung von einer Blaskapelle begleiten zu lassen. Wie weit diese Sitte in die Vergangenheit zurückgeht, ist nicht mehr zu ermitteln. Eine andere Ausnahme gab es in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Neschholz hatte damals einen zahlenmäßig starken Kriegerverein der ehemaligen Soldaten des Ersten Weltkrieges. Bei der Beerdigung eines Mitglieds wurde von den Vereinskameraden mit Karabinern Salut geschossen. Alle auf dem Neschholzer Friedhof erfolgten Bestattungen wurden seit dem Dreißigjährigen Krieg, mit wenigen Ausnahmen, im Sterberegister der Gemeinde Neschholz aufgezeichnet. Standesamtliche Eintragungen begannen erst im Jahre 1870.

Vom Hammelauskegeln

"Morgen, Sonntag zur Tanzmusik bei günstiger Witterung zum Auskegeln, 1 Tisch und 4 Stühle, laden freundlichst ein die Jungend und der Gastwirth.", las man am 24. Mai 1902 im Zauch-Belziger Kreisblatt.
Die Frühlingszeit war die Zeit der Feste und Tanzvergnügen. Hatte man im Sommer alle Hände voll mit Feld- und Gartenarbeit zu tun, traf man sich im Herbst, nachdem die Ernte eingebracht war, noch einmal zum Feiern. Wenn zum "Hammelauskegeln" geladen war, traf man sich entlang der Dorfstraße in Höhe der Grundstücke Nr. 12 und 13. Eine eigentliche Kegelbahn brauchte man nicht. Die Straße wurde noch einmal glatt geharkt und los ging es. Kegel und Kugeln waren aus Holz gedrechselt und wurden oft weit auseinander gestellt. Die Sandbahn und die sicher etwas ungleichen Kegel und Kugeln machten es nicht leicht, Sieger zu werden. Als Preis winkte dann ein Hammel, ein andermal ein Tisch und vier Stühle. Später auch ein Ferkel. In der Zauche-Fläming-Heimat fand ich einen Beitrag dazu. Vielleicht errinnert sich dann der eine oder andere noch genauer an den Verlauf des Auskegelns in Neschholz und sagt sich: "Ja genau, so war es bei uns auch."
"Wenn jemand mit drei Kugeln drei oder vier Kegel traf, so war er schon zufrieden. Für jeden gefallenen Kegel brachte die Musik ein Ständchen. Jeder "Schub" mit drei Kugeln kostete 25 oder 15 Pfennig. Man kaufte dazu Lose. Selbstverständlich mussten viel Lose umgesetzt werden, denn die auszukegelnden Gegenstände, wie Hammel, Tische, Stühle, Uhren, Bettdecken usw. kosteten Geld. Die Gäste erwarben ein Los und versuchten ihr Glück im Kegelschieben, aber oft genug erreichten die Kugeln gar nicht ihr Ziel, und das gab für die Umstehenden einen Hauptspaß. Abends um 7.00 Uhr erfolgte dann das so genannte "Stechen"; nämlich diejenigen, die mit drei mal hintereinander vier Kegel getroffen hatten, kämpften um den 1. Preis. Wer jetzt die meisten Kugeln traf, erhielt den Hammel. Nach ihnen kamen die "Dreischieber" an die Reihe und stachen um die nächsten Preise. Jeder Gewinner musste noch eine Geldsumme nachzahlen und die Musikanten mit Speis und Trank bewirten. So blieb im Allgemeinen kein großer Gewinn übrig. Aber das schadete nicht. Es war eine Ehre als Sieger hervorgegangen zu sein.
Schon am Nachmittag kamen die Kinder zum Kindertanz in der Gastwirtschaft Wrede zusammen. Der alte Müllermeister Walter Niendorf war an so einem Festtag immer spendabel. Für alle Kinder des Dorfes gab es Brause und Negerküsse. Dort, wo heute der Sportplatz ist, machte der fliegende Bockwursthändler Herr Ludwig und seine Tochter aus Belzig sein Geschäft. Das "Pärchen Gauersche" (Bockwurst) kostete bei ihm 25 bis 30 Pfennig, der Negerkuss 6 Pfennig. Die Musikanten gingen reihum im Dorf und wurden in jedem Haus beköstigt. Am Abend wurde zum Tanzvergnügen in der Gastwirtschaft Wrede aufgespielt. Bei meiner Suche in den alten Zeitungen fiel mir auf, dass zu allen Veranstaltungen immer "die Jugend und der Gastwirt" einluden. Bis Anfang der 50er Jahre wurde in Neschholz ausgekegelt.
Eine Fuchsjagd fand in unserem Dorf nur ein einziges Mal statt. Neschholz hatte nie einen eigenen Reiterverein. Die jungen Burschen um Otto Tietz nahmen in den 30er Jahren mit ihren Pferden an diesen Festen in den Nachbardörfern teil. Einer von ihnen erhaschte während des Geländerittes den begehrten Fuchsschwanz. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Fuchsschwanzjagd für dieses eine Mal in unser Dorf kam, da der Sieger zum Gastgeber im kommenden Jahr wurde.
Auch das Hahnereiten wird hier erst seit einigen Jahren gefeiert. Der prächtige hölzerne Hahn - mit buntem Schwanz, rotem Kamm und Kehllappen - wird eigens für diesen Tag bei den Locktower Reitern geliehen. Diese Feste, fördern das Zusammengehörigkeitsgefühl ohne Rücksicht auf Stand und Alter und sind Ausdruck von Lebensfreude.